Die Rheinpfalz

Leimspritze für Heiligen

Restauratorin überarbeitet Exponate im Erkenbert-Museum Frankenthal

Von Birgit Karg

Junge Männer in Öl, frisch gerahmte Kurfürsten auf blauem Grund und der heilige Joseph auf dem Restaurationstisch: Mit neuem Farbkonzept für einzelne Wände, einem Wechselkabinett und dem Kunstwerk des Monats hat Museumsdirektorin Alice Anna Klaassen im Erkenbert-Museum erste eigene Akzente gesetzt. Gleichzeitig kümmert sich Diplomrestauratorin Anke Becker um den Erhalt besonderer Schaustücke, an denen der Zahn der Zeit genagt hat.

Im Schein eines Halogenstrahlers liegt der Heilige Joseph bäuchlings auf einer Möbeldecke. Aus seinem wurmstichigen Holzrücken ragt ein Scharnier. Feine Haarrisse durchziehen die 1765 von Holzbildhauer Franz Konrad Linck geschaffene Skulptur. Ihnen rückt Restauratorin Anke Becker mit Geduld, Fingerspitzengefühl und einer Spritze zu Leibe. Injektionen mit angewärmtem Leim sollen das ausgelaugte Holz und die sogenannten Schollen, hochstehende Ränder der abblätternden Bemalung, stabilisieren. »Holzskulpturen wurden früher mit einer Leim-Kreide-Mischung grundiert, die sich mit der Zeit zersetzt. Dadurch verliert die Farbschicht ihre Haftung und blättert ab«, erklärt Anke Becker.

Bis Ende Mai wird die Restauratorin aus Worms in einer ruhigen Ecke auf der Empore neben dem Heiligen noch drei weitere Schaustücke überarbeiten. Bereits abgeschlossen ist die Arbeit an dem Bild »Angelnde Nymphe im Wald«, 1869 gemalt von Cäsar Willich. Einen Schaden auf der Rückseite und zwei Beulen in der Leinwand hat Anke Becker mit Hautleim und feinstem Pinsel niedergebügelt.

Rund 30 Arbeitsstunden waren bereits nötig für Klio. Die Muse der Geschichtsschreibung ist aus massivem Marmor, stammt von Hofbildhauer Philipp Perron und ist 123 Jahre alt. In die poröse Oberfläche des Steins hat sich über die Jahre Staub festgesetzt. Deshalb wird Klio zurzeit gereinigt – in mehreren Phasen. Zuerst kam ein Staubsauger, dann eine Lauge aus Kernseife zum Einsatz, und nun ist Feinarbeit angesagt: Die filigranen Falten von Klios klassizistischem Gewand reinigt Becker mit einer Minibürste für Zahnzwischenräume und einem Stäbchen mit Wattepuschel. »Wichtig ist, viel mit Wasser nachzureinigen«, verrät die Fachfrau. Die fertig geputzte Muse soll künftig einen exponierten Standort in den Museumsräumen erhalten.

Auf der Stirnseite im Erdgeschoss des Museums zieht eine Wand in klassischem Galerie-Rot die Blicke an. Landschaftsbilder der Frankenthaler Malerschule sind darauf zu sehen. Links daneben wurde eine Wand »im Blau des 18. Jahrhunderts« gestrichen, wie Museumsleiterin Alice Anna Klassen betont. Hier hängen Stiche zum Thema »Kurfürsten und Erbfolgekrieg«. Die Grafiken wurden in klassischem Stil mit Buchenholzrahmen und größeren Passepartouts neu gerahmt.

20 Grad und 55 Prozent Luftfeuchtigkeit herrschen im Erkenbert-Museum. Das Klima wird mit einer Zuluftanlage geregelt, eine Klimaanlage gibt es nicht. Überdies sind einige Fenster nur einfach verglast. Die Sanierung des kompletten Gebäudes ist jedoch in Planung (wir berichteten). Ebenfalls angekündigt ist ein neues Beleuchtungskonzept, das im Keller gerade erprobt wird.

Doch bis zur Sanierung, die frühestens kommendes Jahr starten dürfte, setzt man im Erkenbert-Museum auf Farbgestaltung, Umgruppierung und wechselnde Exponate als optische Sofortmaßnahmen. Der Bereich rechts vom Eingang fungiert jetzt als Wechselkabinett. Hier ist zurzeit eine »Herrenrunde mit Dame« zu sehen. Neben einem gezeichneten Selbstportrait von Emilie Feldbusch, einer Karolinen-Schülerin aus dem 19. Jahrhundert, hängen drei Herren-Porträts in Öl, ebenfalls 19. Jahrhundert. Sie zeigen unter anderem Jakob Baumgärtner und den späteren Bürgermeister Helmut Pohly als junge Männer. Interessanter Kontrast: Gegenüber hängen zwei großformatige Porträtbilder des polnischen Gegenwartskünstlers Jaroslaw Bauc.

Museumsleiterin Klaassen hat die Sammlung im Erdgeschoss neu strukturiert, Vitrinen umplatziert und Ausstellungsstücke neu beschriftet. »Das Erdgeschoss soll alle sechs Wochen neu bespielt werden mit Stücken aus dem Depot«, verrät Klaassen. In einer »Vitrine der mannigfaltigen Objekte« sind hier zurzeit Uhren zu sehen. Künftig sollen die Besucher aber selbst Vorschläge machen können, was hinter Glas gezeigt wird.

 

Die Rheinpfalz  |  23. April 2015  |  Weitere Presse-Artikel