Frankfurter Neue Presse

Die Pietà kehrt bald zurück in den Dom

Figurengruppe wird derzeit restauriert

Frankfurt – An den Wundmalen ist die rote Farbe etwas verblasst, als seien sie mit der Zeit vernarbt. Umso mehr schmutzige Stellen sind dafür an den Füßen des Schmerzensmannes zu erkennen. Und auf einer Skizze der Pietà aus dem Dom sind die vielen roten Stellen kaum mehr zu zählen: „Das sind die Markierungen für die schadhaften Stellen, die nach 27 Jahren ausgebessert werden müssen“, erklärt die Diplomrestauratorin Moya Schönberg.

Denn die Gottesmutter mit dem verstorbenen, vom Kreuz abgenommenen Sohn Jesus Christus in den Armen ist ein Zeugnis gelebter Volksfrömmigkeit im Kaiserdom Sankt Bartholomäus: 1914 wurde die lebensgroße Figurengruppe vom Bildhauer Caspar Weis im neugotischen Stil für die Scheidkapelle im Südwesten des Doms geschaffen, wohin sie in der Karwoche wieder zurückkehren soll. „Wir können aber noch nicht ganz versprechen, dass wir das auch schaffen. Wir müssen den Zeitplan und die noch vorzunehmenden restauratorischen Maßnahmen in diesen Tagen noch mal abstimmen“, räumt die Direktorin des Dommuseums Bettina Schmitt mit Blick auf Marias Mantel ein.

Denn dort drohen die Spuren der Zeit die originale Farbfassung zu gefährden und stellen das Team von Moya und Friederike Schönberg sowie Anke Becker noch vor einige Herausforderungen. Mit einem Hubwagen musste das 160 Kilogramm schwere Kunstwerk in den Kreuzgang des Dommuseums transportiert werden. Derzeit sind dort die drei Restauratorinnen damit beschäftigt, die Oberflächen der Pietà mit einer speziellen Seifenlösung zu reinigen und Fehlstellen mit einem Leim-Kreide-Grund zu kitten.

Nach der Wiedereröffnung des Dommuseums kann man den Restauratorinnen bei der Arbeit über die Schultern schauen. Ob die am Mittwoch, 24. März um 18 Uhr geplante öffentliche Besichtigung möglich sein wird, ist noch unklar. Die Bildbetrachtung „Erbarmen-Pietà“ am Mittwoch, 31. März, mit Rektor Stefan Scholz wird als Andacht sehr wahrscheinlich stattfinden.

1994 schon einmal restauriert

Zuletzt wurde die Pietà während der Innenrestaurierung des Doms für das Stadtjubiläum 1994 restauriert. Schwankende Temperaturen und Luftfeuchtigkeit, Kerzenruß sowie Berührungen durch zahlreiche Besucher und Einträge durch Feinstaub machen erneute Aufarbeitungen schon nach wenigen Jahrzehnten wieder nötig, wie Schmitt und Moya erklären.

Als die Kunsthistorikerin Elsbeth de Weerth, die neben der Pietà viele Schätze im Dom erforschte, 2018 starb, startetete ihr Sohn Andreas eine erste Spendensammlung, die zusätzlichen Kosten für die Restaurierung teilen sich die Dompfarrei und das Bistum Limburg. „Die Figuren von Jesus und Maria wurden aus Laubholz angefertigt und aus verschiedenen Blöcken zusammengesetzt, der Mantel Mariens vergoldet“, erklärt Moya.

Eine Besonderheit ist die zusätzliche Bemalung in verschiedenen Farbtönen und feinen, kleinteiligen Mustern, die Brockatstickereien imitieren, wie sie auf mittelalterlichen, auch im Dommuseum ausgestellten liturgischen Gewändern beliebt waren. Doch Weis arbeitete nicht nur die Farben der Bekleidung detailliert heraus, sondern auch den Teint der schmerzerfüllten Gottesmutter und ihres bereits vom Tod gezeichneten Sohnes.

„Dass die Pietà gerade im Kriegsjahr 1914 aufgestellt wurde, ist Zufall. Doch in den folgenden Kriegsjahren dürfte sie von vielen trauernden Müttern um ihre gefallenen Söhne besucht worden sein“, betont Schmitt. Mit der neugotischen Skulptur wollte Weis den mittelalterlich-gotischen Charakter des Doms stärken. „Doch der fein modellierte Körper von Jesus legt nahe, dass er auch von Arbeiten der beginnenden Renaissance in Italien inspiriert war.“ Gernot Gottwals

 

Frankfurter Neue Presse  |  11. März 2021  |  Weitere Presse-Artikel